Vortrag von Wolfram Berner
Ein Aspekt des Jahresthemas „Stadtwerden – und was daraus geworden ist“, war die Mobilität in der Stadt. Am 16.5.2018 hielt Wolfram Berner, seines Zeichens Kreisarchivar und bekennender Eisenbahnfan, einen Vortrag darüber, wie die Eisenbahn nach Ludwigsburg kam.
Bis zum Jahr 1846 hatte Ludwigsburg keinen Anschluss an die große, weite umliegende Welt. Fahrten in die Landeshauptstadt dauerten damals über 2 Stunden mit der Postkutsche und die Reisenden wurden dabei ordentlich durchgeschüttelt. Auf der neuen Eisenbahnlinie wurde man zwar immer noch, aber etwas sanfter durchgeschüttelt, die Reisezeit aber verkürzte sich erheblich. Ab 1846 dauerte die Fahrzeit nach Stuttgart nur noch etwas über eine halbe Stunde.
Das Unternehmen wollte natürlich gut geplant sein, und in der Tat ging der Jungfernfahrt eine etwa zehnjähriger Planungszeit voraus. Die Trasse sollte vom Stuttgarter Bahnhof über den Pragsattel nach Ludwigsburg führen. Sie war der erste Bauabschnitt der württembergischen Eisenbahnen überhaupt.
Auf der Strecke gab es zwar keine unüberwindlichen Hindernisse, doch musste man die Züge, die ja immerhin eine Spitzengeschwindigkeit von 25 km pro Stunde auf die Schiene brachten, zunächst aus dem Stuttgarter Talkessel hinausführen und dann in den Tunnel am Pragsattel. Dieser Tunnel von 828 m Länge musste erst noch gebaut werden. Die Arbeiten an diesem Vorhaben begannen im April 1844, über 2000 Menschen waren mit diesen Arbeiten beschäftigt, die gleichzeitig an der gesamten Strecke begannen. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, verlief die Arbeit in Rekordzeit, denn schon im Sommer 1845 erreichte die Bahntrasse die Stadtgrenze von Ludwigsburg.
Die erste Probefahrt von Stuttgart nach Ludwigsburg fand am 30. September 1846 statt. In Stuttgart ging es pünktlich um 7:30 Uhr los. “ Das Interesse und die Neugier der Bevölkerung an den Bahnarbeiten muss so groß gewesen sein, dass der Flurschütz eingeschaltet wurde um das Zertrampeln der Grundstücke durch Schaulustige neben der Trasse einzudämmen“, erzählt Wolfram Berner. Von überall entlang der Strecke kamen die Menschen herbei um zu erleben, wie die Züge mit der unglaublichen Geschwindigkeit von 25 km an ihnen vorbei rasten.
Die ersten Waggons und Züge waren noch nicht in Deutschland produziert, sondern wurden aus den USA importiert, die Personenwagen konnten im Winter mit einem Ofen geheizt werden, allerdings gab es keine Toiletten. Die amerikanischen Zugmaschinen, von denen zunächst sechs Exemplare gekauft worden waren, wurden bald darauf von der württembergischen Staatsbahn nachgebaut und verbessert.
Der Einzug der Eisenbahn nach Ludwigsburg veränderte auch das Stadtbild. Der Bahnhof wurde an seiner heutigen Stelle errichtet, die damals noch etwas außerhalb von Zentrum Ludwigsburgs lag, aber für die umliegende Industrie gut zu erreichen war. Vom Bahnhof aus in die Innenstadt wurde die Myliustraße gebaut, was kein leichtes Unterfangen war, da der dort befindliche ehemalige Feuersee und ein Sumpfgebiet überquert werden mussten. Dies geschah zunächst mit einem so genannten Knüppeldamm. 1869 war der Bahnhof fertig. Im Ersten Weltkrieg wurde der Güterbahnhof angelegt und war zunächst von großer Bedeutung. Erst Anfang der 1980er Jahre verlor der Bahnhof von Ludwigsburg an Bedeutung.
Wolfram Berner berichtete weiterhin von einem anderen, auch heute noch sehr aktuellen Aspekt der Mobilität. Eine Zeit lang konnte man nämlich ohne Gleise durch die Stadt fahren. 16 Jahre lang verkehrten Oberleitungsbusse mit Elektromotoren zwischen Ludwigsburg und Oßweil, Hoheneck, Neckargröningen und Aldingen. Betrieben wurde dieser Elektrobus von einer GmbH und schon im Dezember 1910 betrug das Streckennetz 7,6 km. Dies wurde rasch auf 12,9 km ausgebaut und während des Krieges und danach betrieben. „Sie überlebte als einzige von 15 im gesamten Deutschen Reich“ erklärte Berner. Erst im April 1926 wurde der Betrieb eingestellt und die Gesellschaft abgewickelt. Nach dem Scheitern dieser O- Busse kam wieder die alte Idee auf, Straßenbahnen in Ludwigsburg einzusetzen. Die dazu gegründete GmbH existierte noch – auf dem Papier – mit einem Stammkapital von 5000 DM bis 1962.
Der Bau einer Straßenbahn in Ludwigsburg ist auch keine Idee unserer Tage. Bereits vor 120 Jahren hat es dazu Planungen gegeben. 1898 sollten vier Strecken sternförmig ins Umland führen, doch wurde diese Idee nicht weiter verfolgt. Erst nach dem Scheitern der Elektrobusse wurde die Idee wieder aktuell.
Man darf gespannt sein, was in 20 Jahren in einem Vortrag über Mobilität in Ludwigsburg berichtet wird.